Monatsandacht für Oktober 2014

„Ehre Gott mit deinen Opfern gern und reichlich und gib deine Erstlingsgaben, ohne zu geizen.“ (Sir 35,10)

Liebe Gemeinde,

es ist Herbst geworden. Auf dem Land werden die Felder geschnitten und die Früchte eines
durchwachsenen Sommers geerntet – es ist die Zeit, in der wir in der Kirche Erntedank feiern.
Erntedank ist traditionell der Anlass, Gott zu danken für die Gaben, die wir durch ihn bekommen.
Schließlich ist es kaum unser Zutun, dass aus kleinen Samenkörnern Früchte wachsen, von denen wir
satt werden – Ein Wunder, das schon in der Bibel bestaunt wird.

Der Monatsspruch für den Oktober atmet auf den ersten Blick allerdings nicht den positiven Geist des
Erntedankfestes. Er ist nicht dankbar, sondern fordernd; nicht wohlwollend, sondern berechnend: gib
gern und reichlich, gib nicht irgendwas, sondern deine Erstlingsgaben, also das wertvollste von deiner
Ernte. Und: gib, ohne zu geizen.

Typisch Kirche, denke ich mir: Es geht mal wieder darum, etwas von sich abzugeben, zu opfern und es
gibt Forderungen, die ich erfüllen muss. Was ist es denn, was sie von mir wollen? Mein Geld, meine
Zeit? Ich kenne das Gefühl, von allen Seiten gefordert zu werden. Muss die Kirche da auch noch
mitmachen?

Im 35. Kapitel des Buches Jesus Sirach klingt der Monatsspruch zwar fordernd, aber schaut man
genauer hin, in welchem Zusammenhang dieser Vers steht, kann die Forderung auch als eine Weisung
zum Leben verstanden werden: Barmherzigkeit üben, Gottes Gebote ehren und halten, von Sünden zu
lassen und aufhören, Unrecht zu tun. Das sind die Opfer, die Menschen bringen sollen, gern und
reichlich, wie es der Text sagt. Dass wir Gottes Gebote kennen und nach ihnen handeln, dass wir
einander achten und ehren und Barmherzigkeit üben, das sind Gaben, die wir von Gott bekommen
haben. Sie sind für mich nicht Pflicht, die ich zu erfüllen habe, sondern eine Möglichkeit, die Leben
fördert und Liebe gedeihen lässt – für mich und für andere. Und auch wenn diese Gaben nicht in jedem
Jahr reichlich gedeihen, können wir Gott für die Früchte unseres Glaubens danken und uns erinnern,
dass es ein Geschenk ist, das wir geben dürfen.

Vikarin Katrin Koelmann