»Gott im Glück« – Predigt zum 1. Sonntag der Sommerkirche 2019

In der Predigtreihe über „Glücksmomente in der Bibel“ predigte Pastor i.R. Günter Baum am 7. Juli 2019 über Genesis 1,31–2,4: „Gott im Glück“.

Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag.
So wurden vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer.
Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte.
Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte.
Dies ist die Geschichte von Himmel und Erde, da sie geschaffen wurden.

Liebe Gemeinde,

„Glücksmomente“ vermittelt unsere Diakonie. Glücksmomente durch das Zusammenbringen von Menschen, die Zeit und Fähigkeiten haben und Menschen, die davon etwas brauchen können. Die Erfahrung ist: Das kann Glück werden für beide Seiten.

Glück gibt es in der Begegnung, Glück kann es auch ganz still und allein im Genuss eines ganz besonderen Augenblicks geben: Der Sonnenuntergang am Meer. Den seltenen Schwarzspecht beobachten. Die Freude über das neue Enkelkind. Die Ruhe auf der gerade selbst gebauten Gartenbank.

Irgendwie so stelle ich mir das Glück vor, in dem Gott am Abend vor dem Sabbat seine Schöpfung betrachtet: „Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ Betrachtend, wertschätzend, genüsslich. Ein Abend voller Glück. „Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag.“ So einem schönen Abend folgt ja manchmal eine Nacht mit Alpträumen und ein neuer Tag mit neuem Stress und Nervkram.

Wie geht es Gott?

Am siebten Tag geht es weiter mit dem Glück: Der Sabbat kommt mit dem neuen Morgen – als Krone der Schöpfung, als Vollendung der Welt. Augenscheinlich will Gott länger Zeit als einen Glücksmoment am Abend, will er richtig Ruhe, Muße für die Betrachtung, die Wertschätzung, das Genießen, die Freude, das Glück.

„So wurden vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tag von allen seinen Werken, die er gemacht hatte.“

Vollendung und Ruhe gehören hier zusammen – nach allem Machen und Schaffen. Ruhe, nicht Erschöpfung, sondern einfach Aufhören mit dem vielen „Machen“, Ruhe für Segen und Heiligung: „Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte. Dies ist die Geschichte von Himmel und Erde, da sie geschaffen wurden.“

Der Sabbat, der siebte Tag, als gedehnter Glücksmoment für Gott. Und für ihn ist augenscheinlich Vollendung, Segen, Heiligung kein „Schaffen“ und „Machen“. Da geht es um etwas anderes, eine neue Qualität entsteht. In aller Ruhe, die sich Gott nimmt.

Gott im Glück.

Es ist nicht die Ruhe der Erschöpfung, sondern die ruhige Zufriedenheit, sicher auch die jubelnde Begeisterung über das Geschaffene, über die Kreativität, die in der Schöpfung zu sehen ist: „Und siehe, es war sehr gut“. Das ist der Schlusshöhepunkt, nachdem es an den anderen Tagen am Abend immer heißt: „Und Gott sah, dass es gut war“.

Nach Note zwei nun Note eins für das Ganze der Schöpfung. Wunderbar ist sie – wir haben das vorhin im Psalm 104 miteinander gebetet. Und dennoch kommen dann erst noch Vollendung, Segen, Heiligung. Das sind die drei Worte für Gottes Sabbatglück.

Erstes Wort: Vollendung.

„Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer“ werden vollendet am siebten Tag. Am sechsten Tag abends sind sie fertig, aber „am siebenten Tag vollendet Gott seine Werke, die er machte“.

Vollendung am siebten Tag: Für die Christen war das immer ein Hinweis auf Zukunft. Mitten in der noch unerlösten Welt, mitten in aller Unfertigkeit und in allem Elend, aller Schuld, allen Katastrophen und allem Leid: die Welt hat ihre Vollendung nicht hinter sich, sondern vor sich. Der siebte Tag, das ist die Perspektive, die Zukunft, die Hoffnung.

Denn bei allem Lob und Preis: Die Welt, wie wir sie erleben, ist ja nicht einfach „sehr gut“. Die meisten Abstriche bei den Noten kriegen wir Menschen selbst. Aber da gibt es ja auch Erdbeben, Vulkanausbrüche, Tsunamis – nein, so einfach „sehr gut“, das geht nicht.

Nun spricht unser kleiner Text von der „Vollendung“ der Welt, von „Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer“, schon am Abend des sechsten Tags, und von Gottes Vollendung der Schöpfung am siebten Tag. Der ewige Gott, der Schöpfer der Zeit, vollendet die Welt am Sabbat – der beginnt ja am Vorabend. Für uns Menschen, die wir in ganz anderen Zeitkategorien leben, liegt die Vollendung der Welt, liegt Gottes Reich vielleicht in ganz ferner Zukunft. Alte Lieder singen vom ewigen Sabbat, in dem wir dann gemeinsam mit Gott über die Welt werden sagen können: „Siehe, es ist sehr gut.“ Aber ab und zu, etwa am Sabbat, etwa am Sonntag, genauso in den kleinen und großen Taten der Liebe, auch im Staunen über den Specht, oder in einer gelungenen Begleitung einer Familie aus Syrien – oder oder oder  – da soll diese Vollendung dann aber schon in diese jetzige Welt herüberscheinen.

Das gehört auch zu Gottes Glücksmomenten mit uns.

Zweites Wort zu Gottes Sabbatglück: Segen

„Und Gott segnete den siebenten Tag…“  Seltsam: Der Segen gilt nicht der Schöpfung, sondern dem Ruhetag: „Da liegt Segen drauf“. Vielleicht haben immer schon wir Menschen den Segen des Sabbat kaum verstanden. Die einen überzogen ihn mit Gesetzlichkeiten, die anderen zerstörten ihn durch Dauerarbeit und Dauerkonsum: Der Ruhetag ist gefährdet. Darum muss das mitten in dem knappen Text so betont werden: Da liegt Segen drauf, zu ruhen von allen Werken. Innezuhalten und zu betrachten, zu genießen, zu feiern. Wahrzunehmen, was gut, was sehr gut geworden ist.

Gott segnet den siebenten Tag: Und der siebte Tag kann und wird den Segen weitergeben. Alle, die an dem Tag ruhen wie Gott, alle, die sich Zeit nehmen fürs Hinspüren, fürs Genießen der Glücksmomente, werden das Glück Gottes teilen. Was für eine Verheißung!

Drittes Wort zu Gottes Sabbatglück: Heiligung

Gott heiligt den siebten Tag, „weil er an ihm ruht von allen seinen Werken.“ Heiligung ist nicht noch ein besonders frommes Werk oben drauf, sondern besteht erst einmal in der Ruhe Gottes selbst, in der Ruhe Gottes in sich selbst. Und Heiligkeit entsteht überall dort, wo Gott in aller Ruhe zur Wirkung kommt. Das ist – gut reformatorisch – nicht unser Werk, sondern allein Gottes Tun. Das kann uns bei allen Anstrengungen im Denken und Entscheiden und Tun Gelassenheit geben. Auch im Umgang mit der Schöpfung.

Nein, es geht nicht um Beliebigkeit, ganz und gar nicht. Von Verantwortung für die Welt, von Bebauen und Bewahren wird im 2. Kapitel der Bibel noch zu hören sein. Aber es geht um die Gewissheit, dass nicht wir es sind, die die Welt retten können oder müssen. Dass immer noch Gott da ist, auch wenn wir ihn vergessen oder verleugnen.

„Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tag von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte.“

Gott ruht im Glück – aber er will ja, dass auch wir an seinem Glück teilhaben. Und so liegt er am siebenten Tag nicht in der Hängematte, er tut noch einmal sehr viel, bereitet sozusagen seine Schöpfung noch einmal auf für den Gebrauch durch uns. Gott vollendet die Schöpfung:  Dadurch gibt er uns Hoffnung und Zukunft, Gelassenheit und Engagement. Gott segnet den Ruhetag und schenkt ihn uns, damit er uns zum Segen wird. Er heiligt ihn und teilt so mit uns sein Glück.

Amen.