Monatsandacht für November

„Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“ (Hiob 19,25)

Liebe Gemeinde,

Grüne Kreuze im Osnabrücker Land. Unser Gemeindegebiet erstreckt sich neben der Stadt über den halben Landkreis Osnabrück. In diesem ländlichen Raum lebt mehr als ein Drittel unserer Gemeindemitglieder. Und zwischen Bohmte und Bad Rothenfelde, Hagen und Melle gibt es viel Schönes zu entdecken. Wer im Spätsommer im Landkreis unterwegs war, hat aber vor allem völlig verdorrte Felder und Wälder gesehen. Gott sei Dank hat es im Oktober reichlich geregnet. Dafür tauchten aber hier und da grüne Kreuze in der Landschaft auf. Bauern haben sie aufgestellt, um auf ihre schwierige Situation aufmerksam zu machen. Und um gegen die im September von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen zu protestieren. Dieses sogenannte „Agrarpaket“ hat vor allem einen besseren Arten- und Tierschutz zum Ziel.

Vor allem kleine Betriebe sehen sich nun durch verminderte Erträge und noch mehr Auflagen und Bürokratie in ihrer Existenz bedroht. Auf den Bauerndemos Ende Oktober wurde deutlich, wie groß der Ärger und oft die Verzweiflung ist. Mir wurde selbst der Ernst der Lage bewusst, als ich einen Landwirt auf das von ihm aufgestellte, grüne Kreuz ansprach. Er wirkte völlig entmutigt und sprach ganz leise. Als Bauernkind habe ich gelernt: Solange ein Landwirt klagt, geht es noch. Aber wenn er verstummt – dann ist es ernst.

So wie wahrscheinlich 99% unserer Gemeindeglieder lebe ich inzwischen zu weit entfernt von der  Landwirtschaft, um mir eine fundierte Meinung dazu bilden zu können. Es ist ein kompliziertes  Gewerbe und wer heute Landwirt ist, muss auf vielen Gebieten richtig was drauf haben. Ich glaube aber,  dass die Landwirtschaft, die seit Jahrzehnten der Devise „Wachsen oder weichen“ folgt, etwas  durchmacht, was mir als Stadtmenschen und uns allen vermehrt auf die Füße zu fallen droht. Wir  müssen Abschied nehmen von einem Leben, das auf ewiges Wachstum setzt und sich nicht mit der Endlichkeit auseinandersetzen will. Wir müssen lernen, uns zu beschränken. Wir müssen letztendlich das Sterben lernen. Um gerade dadurch auch wieder gut leben zu können. Dass wir im Glauben an Jesus Christus getrost und gut leben und sterben können, das ist für den Heidelberger Katechismus die Zusammenfassung einer reformierten Spiritualität.


Ihr Pastor Jan-Henry Wanink