Monatsandacht für September
„Alles hat Gott so gemacht, dass es schön ist zu seiner Zeit. Auch die ferne Zeit hat er den Menschen ins Herz gelegt, nur dass der Mensch das Werk, das Gott gemacht hat, nicht von Anfang bis Ende begreifen kann.“ (Kohelet 3,11)
Liebe Gemeinde,
sind Sie eher der Das-Glas-ist-halb-voll- oder der Das-Glas-ist-halb-leer-Typ? Beim Tipp für Fußballergebnisse wähle ich oft die zweite Variante. Dann habe ich immer etwas, worüber ich mich freuen kann – der richtige Tipp oder das schöne Ergebnis. Sonst bin ich aber ein großer Optimist. Die Aussage des Predigers im Monatsspruch für September nimmt aber selbst mir den Atem: „Alles hat Gott so gemacht, dass es schön ist zu seiner Zeit.“ Wirklich alles? Ein Blick auf die Titelseite der letzten Ausgaben der Neuen Osnabrücker Zeitung genügt doch, um da in große Zweifel zu geraten.
Luther hat diese scheinbare Diskrepanz zwischen den Verheißungen der Bibel und der von uns erfahrenen Wirklichkeit einmal mit folgendem Bild umschrieben: Es sei wie bei einem wunderschönen Bildteppich, von dem wir nur die Rückseite sehen. Die Fäden scheinen wirr kreuz und quer zu gehen – alles ergibt keinen Sinn. Erst wenn wir den Teppich umdrehen, sehen wir das wunderschöne Bild.
Ja, das ist eine schöne Metapher, und wir würden es sicher alle gerne glauben, aber die Latte, das wirklich zu glauben, liegt sehr hoch. Ich finde es deutlich leichter, darüber in einer Andacht zu schreiben, als es im Alltag umzusetzen. Darum möchte ich Ihnen zwei mögliche Hilfen für unseren Glauben mit auf den Weg geben – eine mehr grundsätzliche und eine ganz praktische.
Zum einen kann ich dem nur folgen, wenn ich die Ewigkeit in den Blick nehme. Wenn ich nur auf die Lebensjahre in dieser Welt blicke, dann bleiben da viele Zweifel. Darum bete ich bei jeder Beerdigung auch für mich sehr bewusst den Satz: „Stärke in uns die Zuversicht, dass Du unser Leben vollenden wirst.“ Es ist verheißen, dass Gott die Tränen, die manchem hier das Leben so schwer machen, dort ein für alle mal abwischen wird. Darum hat er uns „die ferne Zeit ans Herz gelegt“.
Zum anderen entdecke ich als Glaubenshilfe für meinen Alltag immer mehr das Singen. Ich setze mich morgens an einen Ort, an dem ich mit meinem Gesang andere nicht so leicht belästige und singe laut und sehr bewusst eines unserer schönen Gesangbuchlieder. Im Moment singe ich besonders Lieder von Gerhard Tersteegen. Aus ihnen spricht Kraft, die mich durch den Tag trägt, genau in dem Vertrauen, das uns der Predigter im Monatsspruch ans Herz legt.
Seien Sie herzlichst gegrüßt
Ihr Pastor i.R. Martin Wolter
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